Susanne Müller Zantop ist Gründerin und Präsidentin der CEO Positions AG und Expertin für Positionierung mit Fokus auf Executive Performance. CEO Positions kreiert mit Führungskräften strategische Kampagnen zur Stärkung der Unternehmenspositionierung, die zu einer Steigerung der Reputation führen. Die Beraterin ist passionierte Höhen-Bergsteigerin und hat bereits einige Achttausender bestiegen. Sie lebt in Zürich und Berlin.
Gibt es Authentizität in ihrer Reinform?
Heutzutage nimmt man in Zusammenhang mit Führungskräften gerne das Wort Authentizität in den Mund. Ist das Wort mittlerweile überstrapaziert?
Man beurteilt heute die Reputation von Menschen nach drei Kriterien. Das eine ist die Performance. Das ist die ganze Welt der Zahlen, die linke Gehirnhälfte.
Dann die Seite der sozialen Kompetenz und da ist die Zuverlässigkeit wichtig. Ist man eine freundliche Person? Kann man mit dir rechnen? Hast du ein soziales Gewissen?
Und das dritte ist die expressive Seite. Wie stark zeigst du dich mit dem, was du kannst, nach aussen. Und das ist ja gerade für Menschen an der Spitze extrem wichtig, denn die sind 40% von der Unternehmensreputation. Aber es ist auch für uns andere sehr wichtig. Bei dieser expressiven Seite kommt dann die Authentizität mit rein.
Was sind deine Tipps für den Alltag? Oder wie kann man in einem Umfeld wie in grossen Unternehmen oder Organisationen die Selbstbestimmtheit oder eigene Identität aufrechterhalten?
Wichtig ist, die Füsse auf dem Boden zu behalten. Und da sind wir schon beim Körper und bei dem, was wir körperlich tun können, wenn wir uns in einer exponierten Situation befinden. Dann müssen wir uns oft ein Herz fassen. Die Füsse auf dem Boden zu haben und sich ein Herz zu fassen, das heisst vor Entscheidungen: schlafen, essen, trinken, Pilates oder Yoga machen, atmen. Und vor Auftritten kann man lernen, die Angst im Körper zu lokalisieren, ihr eine Farbe zu geben, sie zu beschreiben, die Füsse zu spüren, wiederum atmen und trinken, ein Ritual vorher zu machen, das man immer durchführt. Und ich bin auch grosser Fan davon, einen kleinen Talisman mitzunehmen.
Man beurteilt heute die Reputation von Menschen nach den Kriterien Performance, soziale Kompetenz und expressive Seite.
Man beurteilt heute die Reputation von Menschen nach den Kriterien Performance, soziale Kompetenz und expressive Seite.
Oft ist das Thema auch Grenzen setzen, denn man kann natürlich ab einer gewissen Hierarchieebene nicht mehr Everyones Darling sein. Wie lernt man das?
Ursula Wagner hat das Coaching Center in Berlin. Und sie ist von einer der ganz grossen deutschen Wirtschaftszeitungen gefragt worden, ob sie für sie einen Online-Kurs entwickelt. Und sie haben ihr 1000 Euro für die gesamte Kursentwicklung angeboten, die die Zeitung dann für immer behalten und damit Werbung und Geschäfte machen kann. Und Ursula hat gesagt: Das ist ein Witz, oder? Und sie hat es nicht gemacht.
Sich in der Situation abgrenzen zu können, ist eine enorme Leistung. Wenn ein so grosser Brand anfragt…
Fällt es Frauen leichter oder schwerer authentisch aufzutreten, sich abzugrenzen, Kontakt zu sich selber zu finden?
Viel spricht dafür, dass es Frauen leichter fällt, weil die häufig näher an ihrem Körper dran sind. Und wie ich gesagt habe, auf den Füssen stehen, sein Herz spüren – das ist die Körper-Thematik, deswegen fällt Frauen authentisches Verhalten leichter. Toll in gemischten Teams ist, dass Frauen dann oft den ersten Schritt machen, die Fenster aufreissen, die Pause verlangen. Und das ist sehr hilfreich für alle.
Frauen in Top-Positionen sind nach wie vor rar. Woran liegt es deiner Meinung nach, dass dieser Sprung vom Mittel-Management mit relativ hohem Frauenanteil zur Unternehmensspitze selten gelingt.
Dazu hat eine Kollegin Fabienne Meier bei Knight Gianella zusammen mit dem IMD eine ganze Studie gemacht. Die bestätigt, dass viele Frauen den Preis der Karriere nicht zu zahlen bereit sind. Und das hat bei mir die Vermutung geweckt, dass der Preis gar nicht so hoch ist, wenn wir es cleverer spielen würden, indem wir bei den Kriterien für die Reputation die richtigen Prioritäten setzen.
Jetzt wechseln wir auf die private Seite von dir. Du bist begeisterte Bergsteigerin. Woher kommt diese Leidenschaft.
Diese Eigenschaften sind, glaube ich, in deiner DNA. Ich bin extrem durchhaltefähig. Und für mich ist beim Höhenbergsteigen tatsächlich auch die Erfahrung der Todeszone extrem wichtig, weil diese so viel Tiefe und Bescheidenheit gibt, für dich selber. Das kann man mit Worten nur sehr schwer ausdrücken.
Das ist etwas, was man erleben muss und nicht unbedingt verstehen kann, oder?
Das ist einem selber auch fast ein bisschen unverständlich, denn du bist dann nur noch so eine Ansammlung von Molekülen. Du hast also gar kein Ego oder so. Aber du hast einen sehr starken Überlebensinstinkt und du bist so in deinen Grundfunktionen. Das ist ein tolles Erlebnis. Ich versuche, das auch aufs Business zu übertragen.
Das ist eine klassische Grenzerfahrung. Wir sprechen hier vom Mount Everest, 8848 Meter hoch, und vom Cho Oyu, 8188 Meter.
Dieses Jahr bin ich klassisch gescheitert. Wir waren in Pakistan und wollten auf den Karakorum 2 (K2), auch so ein Achttausender. Ich bin hingegangen und habe gedacht: Diesmal möchte ich es mir mal leicht machen, es geht doch vielleicht auch ohne Leiden. Und siehe da, es ging nicht.
Wenn man es sich zu leicht macht, dann geht es nicht. Man muss sich schon komplett einsetzen. Karriere auf die leichte Art, das geht eben auch nicht. Und bei dem Pakistan-Trip war für mich das Spannende der Rückweg. In den Bergen sterben viele auf dem Rückweg. Im Unternehmen auch. Wenn das Adrenalin weg ist, dann siehst du, dass da eine grosse Leere entsteht. Und wie gehst du damit um?
Think big, it`s easier.
Man muss sich für jedes Ziel anstrengen.
Strengt man sich für ein grosses Ziel an, ist es einfacher.
Think big, it`s easier.
Man muss sich für jedes Ziel anstrengen.
Strengt man sich für ein grosses Ziel an, ist es einfacher.
Susanne berät mit ihrem Unternehmen CEO Positions Spitzen-Führungskräfte zum Thema Reputation und Management. Viele Parallelen hat sie beim Höhenbergsteigen entdeckt und auf Peaks von über 8000 Höhenmetern ihre eigenen Grenzerfahrungen gemacht. Was diese Grenzerfahrungen für einen Impact haben, wie man mit Rückschritten umgeht und warum der Rückweg eine ganz eigene Herausforderung darstellt. Das sind Themen, die Führungskräften nicht fremd sind.