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Kapitel 11

Lavinia Heisenberg

Prof. Dr. Lavinia Heisenberg ist Physikerin und lehrt und forscht im Bereich Relativitätstheorie mit Fokus auf Kosmologie am Institut für Theoretische Physik an der ETH Zürich. 2018 erhielt sie als zweite Frau den renommierten Gustav-Hertz-Preis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft. Neben der Liebe zur Physik ist sie fasziniert davon, Astronautin zu werden. 2022 hat sie den Schritt ins Auswahlprogramm der ESA für die nächste Mission geschafft und zahlreiche Testphasen durchlaufen.

Lavinia Heisenberg
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Es wird möglich sein, viel tiefer in das Universum zu schauen und Spannendes auch aus dem früheren Universum zu erfahren.

FS Parker

Die European Space Agency, die ESA hat vor kurzem entschieden, wer bei dem nächsten Raumfahrtprojekt dabei sein wird. Es gab 25.000 Bewerber:innen, davon sind fünf ausgewählt worden. Du bist eine von denen, die zum Auswahlverfahren eingeladen wurde. Kennst du persönlich jemanden, die oder der es geschafft hat?

Lavinia Heisenberg

Ja, ich kenne eine Frau, die weitergekommen ist. Sie ist eine der Reserve-Astronauten, also nicht eine von den fünf ausgewählten Astronauten. In dieser neuen Kategorie Reserve-Astronauten sind zusätzliche 12 bis 15 Astronauten, die nur für eine gewisse Mission in Frage kommen würden. Die brauchen ihren Job nicht aufzugeben und können ihn weiter ausführen. Und werden dann für eine gewisse Mission das Spezial-Training bekommen. Und für die anderen fünf Astronauten ist es dann ihr Hauptjob.

FS Parker

Wie läuft so ein Auswahlverfahren ab, was muss man als Astronaut alles können, um überhaupt in Frage zu kommen?

Lavinia Heisenberg

Die Agenturen verlangen schon einiges. Auch mit recht, weil man die ganzen Skills brauchen wird. Zunächst muss man die verschiedenen kognitiven Tests bestehen. Erst einmal geht es um IQ-Tests: Wie geht man mit Stress-Situationen um? Kann man Multitasking? Schafft man es, hochkonzentriert zu sein, selbst wenn es ganz viele Ablenkungsparameter gibt?

Und erst, wenn man das dann geschafft hat, werden die Tests gemacht, bei denen man mit einer oder mehreren Personen zusammenarbeitet. Bei denen es dann vor allem um die Teamfähigkeit geht. Und wenn man dann diese zweite Runde auch bestanden hat, dann wird man zu den medizinischen Tests zugelassen.

FS Parker

Einer der ausgewählten Astronauten, Marco Alain Sieber, ist aus der Schweiz. Wann geht es für ihn dann wirklich in die Luft?

Lavinia Heisenberg

Nachdem die Astronauten ausgesucht wurden, werden sie erst einmal zwei Jahre Grundlagen-Ausbildung haben und dann eine spezielle Ausbildung für eine Mission. Wahrscheinlich werden sie in zwei bis drei Jahren auf eine offene Mission gehen.

FS Parker

Unter den fünf ausgewählten Hauptastronauten gibt es zwei Frauen. Findest du das ein gutes Zeichen?

Lavinia Heisenberg

Ich habe sehr direkt aber auch indirekt mitbekommen, dass es jetzt bei der ESA sehr starken sowohl politischen als auch internen Druck gibt, dass mehr Frauen dabei sollten. Bis jetzt gab es in der Geschichte der ESA nur zwei Astronautinnen und das ist schon eine sehr kleine Anzahl. Das wollen sie jetzt kompensieren.

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Die ESA will genau wissen, wer ihnen da gegenübersitzt und was du für eine Persönlichkeit hast.

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Lavinia Heisenberg
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Die ESA will genau wissen, wer ihnen da gegenübersitzt und was du für eine Persönlichkeit hast.

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FS Parker

Du selbst hast dich ja auch für die Astronautenausbildung beworben. Natürlich ist das ein grosser Traum. Dann ist die Blase geplatzt. Wie gehst du mit der Enttäuschung um?

Lavinia Heisenberg

Als ich im Auswahlverfahren nicht mehr weitergekommen bin, hat mich das natürlich sehr, sehr hart getroffen. Und ich habe erst mal einige Wochen gebraucht, um wieder auf die Beine zu kommen. Aber ich habe mich dann auch sehr schnell wieder in die Situation gefunden, habe versucht, Alternativprojekte zu starten, mit Wissenschaftlern aus dem materialwissenschaftlichen Bereich. Wir versuchen eine interdisziplinäre Arbeit zu starten, bei der es darum geht, die Anzüge, die die Astronauten tragen, biologischer zu gestalten. Diese muss natürlich gewisse Bedingungen erfüllen, was Temperatur und Druck und so weiter betrifft. Und auch wie Bakterien-Kulturen sich da ausbreiten.

Und ich glaube, dass das Thema Space Exploration auch immer wichtiger in unserem Alltag wird. Dass eine Art Space Tourism entstehen wird. Und ich habe von Internen erfahren, dass es in fünf oder sechs Jahren wohl wieder eine Ausschreibung der ESA geben wird. Bisher fand diese nur alle 15 Jahre statt. Aber ich glaube auch, dass die privaten Bemühungen dazu beitragen, dass die Agenturen versuchen, schneller vorwärts zu machen.

FS Parker

Wenn man sich überlegt, dass es Milliarden Galaxien gibt, liegt der Gedanke nahe, dass es auch woanders Leben geben kann, also nicht nur auf unserem Planeten. Wie kann Grundlagenforschung dazu beitragen, diese Wege zu verkürzen, um Kontakt oder Kommunikation mit anderen Lebensformen aufzunehmen?

Lavinia Heisenberg

An der ETH liegt der Fokus sehr stark auf der Erforschung von Exo-Planeten und auf der Frage: Könnten eventuell Bedingungen auf diesen Planeten herrschen, die ein Leben oder ein ähnliches Leben wie auf der Erde ermöglichen. Das Problem ist: Selbst, wenn man mit unserer Technologie so einen Planeten entdecken würde, würde es ewig dauern, bis man dort ankommt. Wenn man also Raum und Zeit selbst manipulieren könnte, könnte man eventuell Überlichtgeschwindigkeiten erreichen.

FS Parker

Nach dem ersten Schritt auf den Mond ist nun der Mars dran. Was hältst du von diesen Entwicklungen? Wird das die Rettung sein? Wird es nach dem Climate Change die naheliegende Lösung sein, uns alle auf den Mars zu transportieren?

Lavinia Heisenberg

Ich denke schon, dass dieser Druck jetzt immer grösser wird, vor allem auf der privaten Ebene. Dass Leute wie Elon Musk, es sehr, sehr stark pushen, auf diesem Planeten die Ersten zu sein und dort neue Ressourcen in Anspruch zu nehmen. Aber man müsste so viel Arbeit und so viel Geduld hineinstecken, um diesen Planeten in einen bewohnbaren Planeten umzuwandeln. Atmosphäre, Luft und Oberfläche so zu manipulieren, dass dort wirklich Leben möglich wäre. Dabei haben wir schon unseren Planeten hier auf der Erde und es würde viel weniger Arbeit in Anspruch nehmen, die Erde zu retten. Es ist schon fast ein bisschen widersprüchlich, dass wir dann sagen: Okay, was auch immer auf der Erde passiert, das nehmen wir im Bewusstsein nicht wirklich wahr und wir wollen lieber andere Planeten erobern und dort neues Leben erschaffen. Ich glaube, dieselbe Verhaltensweise werden wir mitnehmen und in mehreren hundert Jahren werden wahrscheinlich auf diesem Planeten genau dieselben Bedingungen herrschen wie jetzt auch auf der Erde. Man sollte auf jeden Fall für sich selbst dieses Bewusstsein entwickeln: Wie gehen wir eigentlich mit dem Erhalt unserer Erde um? Oder wie leben wir im Alltag? Sind wir uns bewusst, wie wir mit den Ressourcen umgehen? Und was für einen kleinen Beitrag können wir leisten?

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Man müsste so viel Arbeit hineinstecken, um andere Planeten in bewohnbare Planeten umzuwandeln. Dabei würde es viel weniger Arbeit in Anspruch nehmen, die Erde zu retten.

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Lavinia Heisenberg
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Man müsste so viel Arbeit hineinstecken, um andere Planeten in bewohnbare Planeten umzuwandeln. Dabei würde es viel weniger Arbeit in Anspruch nehmen, die Erde zu retten.

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Wer ist Lavinia Heisenberg und warum haben wir sie ausgewählt?

Lavinia hat das Ziel und die Passion, Astronautin zu werden. Die Physikerin forscht im Bereich der Kosmologie und hat es geschafft, zum Auswahlverfahren der ESA zugelassen zu werden und dafür bei der ESA viele Tests durchlaufen. Space Exploration ist ihre Welt. Lavinia fasziniert durch ihre Zielorientierung und ihre Leidenschaft. Irgendwann werden wir sie sicher als Astronautin im Weltall erleben. Bis dahin folgen wir ihren Aktivitäten auf der Erde.

«Glaubt an euch.», sagt Lavinia und ist sehr inspirierend. Es ist faszinierend, zu sehen was sie alles erreicht. Und ich stimme ihr vollkommen zu: Man kann nicht vor den Problemen wegrennen, den Planeten einfach verlassen und von Null anfangen. Wir alle müssen bewusster handeln und unsere Verhaltensweise unserem Planeten anpassen.
Adelina Ozymok
Junior Graphic Designer
Kosmologie und Space Exploration sind so spannende Themen und nicht zuletzt mit dem startenden Space Tourism super aktuell. Lavinias Leidenschaft und ihre Zielstrebigkeit faszinieren mich sehr. Aber auch die Frage, wie es uns zukünftig irgendwann möglich sein wird, das Zeit-Raum-Kontinuum zu "überwinden" und auf andere Planeten zu reisen.
Bärbel Jördens
Consultant & Project Manager
Die Grundlagenforschung, die Lavinia betreibt, hört sich für mich sehr interessant an und ich hätte gerne noch mehr Details darüber erfahren! Ich finde es super cool, dass Forscher auch Wissensgebiete erforschen, die kein unmittelbares Anwendungspotenzial haben.
Marvin Osenda
Graphic Designer
Kapitel 11