Hilda N. Liswani ist eine Führungspersönlichkeit im Bereich Nachhaltigkeit mit dem Schwerpunkt integrative Innovation. Sie verfügt über mehr als 10 Jahre Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Politikern, Venture Capitals, Unternehmen und Wissenschaftlern bei der Entwicklung, Kommunikation und Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien. Zu den namhaften Organisationen gehören die EPFL, die EU, die Mastercard Foundation und Siemens. Mit ihrer Organisation WeBloom setzt sie sich leidenschaftlich für Diversity und Integration ein, um Tech-Ökosysteme auf der ganzen Welt zu verändern. Sie wurde mit dem Queen's Young Leaders Award ausgezeichnet und als Forbes 30 under 30 geehrt. Und als Global Shaper des Weltwirtschaftsforums ist sie Teil einer Gemeinschaft von Change makern. Sie ist davon überzeugt, dass Innovation nur dann ihr volles Potenzial entfalten kann, wenn sie alle einbezieht.
Zahlreiche Nachhaltigkeitsprobleme können nicht gelöst werden, da viele Lösungen von Frauen entwickelt werden. Sie aber nur 1% VC-Investitionen erhalten.
Hilda, du bist die Geschäftsführerin von WeBloom, einer gemeinnützigen Organisation mit Sitz in Zürich. Was ist deine Vision für diese Organisation und wie kam es zur Gründung von WeBloom?
Unsere Vision bei WeBloom ist ziemlich kühn und ehrgeizig. Wir wollen die globalen Tech-Ökosysteme auf der ganzen Welt verändern und sie integrativer machen. Sie sollen die Gesellschaft widerspiegeln, der sie zu dienen vorgeben. All diese Produkte und Dienstleistungen von Technologieunternehmen, die entwickelt wurden, um uns, den Verbraucherinnen und Verbrauchern, zu helfen. Wir wollen, dass sie die gesamte Gesellschaft widerspiegeln.
Der Grund, warum WeBloom ins Leben gerufen wurde, ist, dass in den Prozessen der Tech-Entwicklung, der Tech-Investitionen, in all den verschiedenen Bereichen der Tech-Branche, die Einbeziehung von Frauen und Männern oder von kulturellen Minderheiten einfach nicht ausreichend ist. Und das ist ein wirklich kritisches Problem, weil Technik auf unser aller Leben Einfluss nimmt.
Welche spezifischen Aktivitäten bietet ihr im Rahmen von WeBloom an?
Wir unterstützen Gründerinnen, die coole technische Lösungen entwickeln, aber aufgrund ihres Geschlechts nicht die richtige Unterstützung bekommen. Und auch junge Frauen, die in die Tech-Branche einsteigen wollen, aber leider nicht die Möglichkeit dazu haben.
Und dann arbeiten wir auf der anderen Seite auch mit Akteuren, die diese Umstände vorantreiben, wie Risikokapital- und Technologieunternehmen. Wir helfen ihnen dabei, integrative Strategien in ihr Unternehmen zu integrieren, damit sie bessere Produkte entwickeln und eine Arbeitskultur schaffen, die eine integrative und vielfältige Gesellschaft widerspiegelt.
Derzeit sind nur 20% Frauen in Big Tech Unternehmen vertreten.
Derzeit sind nur 20% Frauen in Big Tech Unternehmen vertreten.
In Europa erhalten Frauen nur 1% der Venture-Capital-Finanzierung, im Silicon Valley sind es 2%, in Afrika liegt der Anteil etwas höher. Warum ist dieser Anteil so unglaublich niedrig?
Derzeit ist die VC-Branche eine sehr männlich dominierte Branche. Stellen Sie sich vor, 90% der VC-Investoren sind männlich. Ihre Aufgabe ist es, Gründer zu finden, in die sie investieren und an denen sie Geld verdienen können. Aber sie haben Netzwerke, die nur aus Männern bestehen.
Der andere Grund ist, dass männliche VC-Investoren ein eindimensionales Bild davon gewonnen haben, wie ein erfolgreicher Gründer aussieht. Es gibt also das Stereotyp eines erfolgreichen Investors als weisser Mann. Venture Capitals haben sich bereits eine Vorstellung davon gemacht, wie Erfolg aussieht, und leider passen Frauen oder farbige Menschen einfach nicht in diesen Stereotyp. Studien haben gezeigt, dass bei demselben Pitch, der von einem Mann und einer Frau durchgeführt wurde, der Mann mehr positive Reaktionen erhielt als die Frau. Mit dem gleichen Pitch, mit dem gleichen Pitch-Deck, den gleichen Informationen.
Ja, es gibt also einen Zusammenhang zwischen Vielfalt, Integration und Nachhaltigkeit, der für manche Menschen offensichtlich ist, für andere aber weniger.
Die Beziehung zwischen Vielfalt und Nachhaltigkeit? Das scheinen zwei sehr unterschiedliche Themen zu sein, aber sie sind miteinander verbunden: Die meisten Nachhaltigkeitslösungen werden tatsächlich von Frauen entwickelt. Auf der Anlegerseite, bei den Kleinanlegern, sind Frauen tendenziell stärker an der Unterstützung von Nachhaltigkeitsprojekten interessiert. Sie sind also die Hauptantriebskraft für Nachhaltigkeit. Und: Die meisten Nachhaltigkeits-Startups werden von Frauen gegründet. Wenn Frauen die meisten Nachhaltigkeitslösungen entwickeln und gleichzeitig keinen Zugang zu den richtigen Finanzmitteln haben, bedeutet das, dass viele Nachhaltigkeitslösungen nicht auf den Markt kommen
Was sind deiner Meinung nach die Folgen, wenn wir diese Probleme nicht angehen?
Laut McKinsey büssen wir 26% des BIP ein, wenn wir nicht alle Frauen in die Wirtschaft integrieren. Und Ende letzten Jahres wurde der Linnean-Report veröffentlicht: Eine Reihe von Untersuchungen ergab, dass derzeit viele weibliche Führungskräfte ihren Arbeitsplatz verlassen, weil sie ihn nicht mit ihren Werten vereinbaren können.
Und auf menschlicher Ebene? Wenn Frauen nicht in der Lage sind, sich zu beteiligen, was bedeutet das dann für unsere Gesellschaft? Was bedeutet das für die jüngere Generation? Wie werden Frauen tagtäglich wahrgenommen? Wie erleben sie ihr alltägliches Leben? Sowohl auf der Makro- als auch auf der Mikroebene gibt es also Konsequenzen.
Beim Thema Nachhaltigkeit
sollten alle teilhaben
und erfolgreich sein können.
Beim Thema Nachhaltigkeit
sollten alle teilhaben
und erfolgreich sein können.
Hilda ist eine preisgekrönte soziale Innovatorin und Verfechterin für Nachhaltigkeit. Die Namibierin mit Diplomateneltern lebte zunächst in Südafrika, Äthiopien, später im Vereinigten Königreich und jetzt in Zürich, Schweiz. Ihre Leidenschaft für integrative Innovation hat sie dazu gebracht, mit Organisationen wie der Europäischen Union, der Mastercard Foundation, Siemens und der EPFL bei der Entwicklung und Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsstrategien zusammenzuarbeiten. Ausgezeichnet als Forbes 30 under 30 und Swiss Digital Shaper 2021 & 2022 leitet sie WeBloom, eine Organisation, die Vielfalt und Inklusion nutzt, um die Technologiebranche zu verändern.
